Ein kurzer Abstecher in die Vergangenheit:
Es waren die 1960-er Jahre, als der Minimalismus als Stilrichtung in der Kunst Fuß faßte. Harte, geometrische,"saubere", klare Linien und Formen waren ein Kennzeichen. Genauso wie eine sparsame, sehr reduzierte Komposition.
Ein spezielles Thema gab es meist nicht.
Vorrangig ging es um Ästhetik, weniger um das Motiv. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Minimalismus entstand übrigens in den USA und war eine Gegenbewegung zum abstrakten Expressionismus.

Minimalismus in der Fotografie
Ästhetik ist auch in der minimalistischen Fotografie sehr wichtig.
Aber natürlich geht es um mehr. Im besten Fall erzählen auch minimalistische Bilder eine Geschichte oder zeigen eine interessante Beobachtung - mit so wenig (Bild-)Elementen wie möglich.
Gute Bilder entstehen durch einen besonderen, ungewöhnlichen Blick auf die Welt, oftmals auf den Alltag, das eigentlich Banale.

Noch mehr als in anderen Stilrichtungen der Fotografie wird im Minimalismus das Bild kreiert.
Stets aber geht es um Reduktion und was es in "der Welt" zu entdecken gibt, wenn man die übliche zu Art zu schauen verändert und sich auf neue, unbekannte Blickwinkel einlässt.

Natur, Innenräume, der Urlaub, in der Stadt … für die minimalistische Fotografie eignen sich im Grunde alle Motive.
Ein einzelnes Strandhäuschen, ein See oder ein Feld. Ein „einsamer“ Stuhl auf einer großen, ansonsten leeren Fläche; natürlich auch Nahaufnahmen oder Nachtaufnahmen …. der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.


Ein paar Tipps zum Üben:
Das Bild auf einige wenige Details reduzieren. Ausschmückungen und alles, was nicht wirklich essentiell für das Foto (und dessen Aussage) ist, wird dabei gezielt aussortiert.

Bildwirkung des Fotos sollte sein: harmonisch, klar und detailarm. Das bedeutet: Wir müssen vor dem Fotografieren entscheiden auf welches Objekt wir den Fokus richten wollen – und wie wir alles, was nicht dazu gehört, draußen lassen.
Dabei kommt z.B. die Wahl der Perspektive zum Einsatz, Tiefenunschärfe oder auch eine Nahaufnahme. Letztere wird in der minimalistischen Fotografie gerne so aufgenommen, dass sie eher abstrakt wirkt, weniger „naturnah“.

Diese Art der Fotografie ist nicht einfach. Es erfordert einiges an Übung, gerade so viel Motiv wie nötig in das Bild aufzunehmen und dabei gleichzeitig so viel wie möglich zu reduzieren. Dazu ist es wichtig, einen anderen Blick auf die Dinge zu bekommen. Ein Bild mit zu wenig oder „falschem“ Inhalt kann auf den Betrachter unter Umständen auch aussagelos und unprofessionell wirken.


Letzlich gilt aber - wie immer: Der Fotograf bestimmt das Motiv und ist Maßstab für den "richtigen Inhalt". Unsere so unterschiedlichen, ganz individuellen Sichtweisen machen doch das Ganze erst so richtig interessant.


Bei den Bildbetrachtungen mit den Teilnehmerinnen des Themenkurses entstand eine spannende Diskussion darüber, welches Bild nun unter Minimalismus einsortiert werden kann und "sollte", und welches die Kriterien nicht erfüllt.
Am Ende waren wir alle um mindestens folgende Erkenntnisse reicher: Dass die Grenze hier nicht klar gezogen werden kann, dass es mehrere Ebenen von "Minimalismus" geben kann und dass es schlicht auch subjektiv ist, wie wir die Bilder betrachten und einstufen.



Es lohnt sich, sich an minimalistischer Fotografie zu versuchen – und sie vor allem auch für längere Zeit mit ins eigene Repertoire zu nehmen.
Auch wenn nicht immer Fotos gelingen, die auch noch eine Bildaussage haben oder eine interessante Geschichte erzählen … und auch, wenn das Ergebnis (gerade zu Beginn) etwas fad oder langweilig erscheint - so wird dabei unser Blick geschult und verändert; Wir lernen, anders zu schauen.
Dies ist für sich allein schon „Lohn“ genug.
Aber sicher ist: Es werden nach und nach – bei einer gewissen Ausdauer – auch tolle, ungewöhnlich-spannende Bilder entstehen, die so ganz anders sind als die, die wir sonst so machen.
Und nun wünsche ich wieder: Viel Spaß beim Ausprobieren. :-)

